Vorkaufsrecht des Mieters gilt auch bei Umwandlung in Teileigentum


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Bislang war das gesetzliche Vorkaufsrecht für Mieter nach § 577 Abs. 1 Satz 1 BGB nur dann gegeben, wenn an vermieteten Wohnräumen nachträglich Wohnungseigentum begründet und dieses verkauft wurde. Die Umwandlung in sogenanntes Teileigentum – also Sondereigentum an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen – war vom Wortlaut des Gesetzes nicht ausdrücklich erfasst.
Der Fall: Im zugrundeliegenden Fall hatte ein Vermieter ein Mehrparteienhaus in mehrere Einheiten aufgeteilt. An den vom Mieter bewohnten Räumen wurde jedoch kein Wohnungseigentum, sondern Teileigentum begründet. Die Einheit wurde anschließend an einen Dritten verkauft. Der Mieter wurde über den Verkauf informiert und erhielt die Möglichkeit, sein Vorkaufsrecht innerhalb von zwei Monaten auszuüben. Diese Frist ließ er verstreichen, erklärte aber später dennoch, er wolle die Wohnung kaufen. Die Erwerberin verkaufte die Einheit schließlich mit Gewinn weiter. Der Mieter verlangte daraufhin Schadensersatz und argumentierte, sein Vorkaufsrecht sei durch die Umwandlung in Teileigentum vereitelt worden.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs:
Der BGH entschied, dass das Vorkaufsrecht des Mieters nach § 577 Abs. 1 Satz 1 BGB auch dann gilt, wenn anstelle von Wohnungseigentum Teileigentum an zu Wohnzwecken vermieteten Räumen begründet wird. Die Vorschrift ist in solchen Fällen analog anzuwenden. Entscheidend ist die tatsächliche Nutzung der Räume als Wohnraum, nicht die formale Einordnung als Wohnungs- oder Teileigentum.
Begründung:
Schutzzweck des Gesetzes: Das Vorkaufsrecht soll Mieter vor spekulativen Umwandlungen und Verdrängung schützen. Es wäre mit diesem Zweck nicht vereinbar, wenn der Vermieter das Vorkaufsrecht durch die Wahl der Eigentumsform umgehen könnte.
Analogie:
Auch bei Umwandlung in Teileigentum besteht eine vergleichbare Interessenlage wie bei der Begründung von Wohnungseigentum. Daher ist das Vorkaufsrecht entsprechend anzuwenden.
Ausschlussfrist bleibt bestehen:
Der BGH stellte klar, dass die zweimonatige Frist zur Ausübung des Vorkaufsrechts eine sogenannte Ausschlussfrist ist. Sie beginnt mit der Mitteilung über den Kaufvertrag und kann nicht verlängert oder verkürzt werden. Nach Ablauf der Frist kann das Vorkaufsrecht nicht mehr ausgeübt werden, auch nicht durch spätere mündliche Zusagen oder informelle Hinweise des Verkäufers.

Bedeutung für Mieter und Vermieter
Für Mieter: Das Vorkaufsrecht besteht auch bei Umwandlung in Teileigentum, solange die Räume zu Wohnzwecken vermietet sind.
Die Frist zur Ausübung ist strikt und muss unbedingt eingehalten werden. Es empfiehlt sich, nach Erhalt der Verkaufsmitteilung umgehend rechtlichen Rat einzuholen und alle Unterlagen sorgfältig zu prüfen.
Für Vermieter: Die Wahl zwischen Wohnungs- und Teileigentum ändert nichts am Bestehen des Vorkaufsrechts. Eine reine begriffliche Änderung der Eigentumsform ist nicht entscheidend für die juristische Einordnung, sondern die tatsächliche Nutzung der Räume.
Die Mitteilungspflichten und Fristen sind strikt zu beachten.
Quelle: BGH-Urteil vom 21. Mai 2025 (Az. VIII ZR 201/23)