Mit Urteil vom 17. November 2022 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass der Verkauf von Waren grundsätzlich eine typische Handelstätigkeit ist, die nicht die Voraussetzungen eines steuerlich privilegierten Zweckbetriebs i.S. von § 68 Nr. 4 der Abgabenordnung (AO) erfüllt.
Im vorliegenden Fall klagte eine Händlerin, die Waren für blinde und sehbehinderte Menschen verkauft, gegen die Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes auf die durch einen Verein erbrachten Leistungen.
Der gemeinnützige Verein, der als Selbsthilfeorganisation die Interessen von blinden und stark sehbehinderten Menschen vertritt, verkaufte – ebenso wie die Klägerin – Hilfsmittel für blinde und sehbehinderte Menschen. Das Finanzamt besteuerte die Umsätze des Vereins mit dem ermäßigten Steuersatz (7 %) als Zweckbetrieb i.S. von § 66 Abs. 1 AO (Einrichtung der Wohlfahrtspflege).
Zu den steuerlich begünstigten Zweckbetrieben gehören gemäß § 68 AO u. a. Einrichtungen, die zur Durchführung der Fürsorge für blinde Menschen unterhalten werden.
Der BFH dagegen entschied, dass der bloße Verkauf von Blindenhilfsmitteln nicht begünstigt ist, wenn er lediglich mit einer allgemein im Fachhandel üblichen, produkt- und anwendungsbezogenen Beratung einhergeht. Eine Blindenfürsorge kann dagegen vorliegen, wenn z. B. neu erblindeten Personen neben einer reinen Produktberatung weitere fürsorgeorientierte Hilfestellungen gegeben werden oder wenn Verkaufstätigkeiten im Zusammenhang mit einem unentgeltlichen Kursangebot zur Förderung der gemeinnützigen Tätigkeit stehen.
Das Finanzgericht muss nun im zweiten Rechtsgang klären, ob das der Fall ist.
Quelle: BFH